Neues Aktienrecht: Die Möglichkeiten durch das Kapitalband
Mit der Reform des Schweizer Aktienrechts, die am 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist, wurden zahlreiche Anpassungen und Modernisierungen eingeführt, um Unternehmen mehr Flexibilität und Handlungsspielraum zu geben. Eine der zentralen Neuerungen ist das sogenannte Kapitalband, das den Verwaltungsräten von Aktiengesellschaften erweiterte Befugnisse hinsichtlich der Kapitalstruktur des Unternehmens einräumt. Dieser Artikel beleuchtet, was das Kapitalband ist, welche Voraussetzungen gelten und welche Chancen es für Unternehmen bietet.
Was ist das Kapitalband?
Das Kapitalband ermöglicht es dem Verwaltungsrat einer Aktiengesellschaft, innerhalb eines festgelegten Rahmens das Aktienkapital flexibel zu erhöhen oder zu reduzieren. Diese Flexibilität wird über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren gewährt, innerhalb dessen das Unternehmen seine Kapitalstruktur an die aktuellen Bedürfnisse anpassen kann.
Im Gegensatz zur klassischen Kapitalerhöhung oder Kapitalherabsetzung, die jeweils einen separaten Beschluss der Generalversammlung erfordert, erlaubt das Kapitalband dem Verwaltungsrat, innerhalb des definierten Rahmens eigenständig zu handeln.
Voraussetzungen für das Kapitalband
Damit ein Unternehmen das Kapitalband nutzen kann, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden:
- Statutarische Grundlage: Die Einführung eines Kapitalbands muss in den Statuten des Unternehmens verankert sein. Die Generalversammlung muss mit einer qualifizierten Mehrheit beschliessen, innerhalb welcher Bandbreite (Kapitalband) der Verwaltungsrat das Aktienkapital erhöhen oder herabsetzen darf. Dieser Rahmen kann maximal 50 % des bestehenden Aktienkapitals betragen.
- Zeitliche Begrenzung: Das Kapitalband ist auf eine maximale Dauer von fünf Jahren beschränkt. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Verwaltungsrat frei über Anpassungen des Kapitals im vorgegebenen Rahmen entscheiden.
- Prüfung und Bericht: Jede Änderung des Aktienkapitals muss von einer Revisionsstelle geprüft und bestätigt werden. Dies stellt sicher, dass die Interessen der Aktionäre gewahrt bleiben und die Anpassungen rechtskonform durchgeführt werden.
- Einhaltung von gesetzlichen Grenzen: Die gesetzlichen Mindest- und Höchstgrenzen für das Aktienkapital müssen auch bei der Anwendung des Kapitalbands jederzeit eingehalten werden.
Vorteile des Kapitalbands
Das Kapitalband bietet Unternehmen mehrere Vorteile, die insbesondere in einer dynamischen und unsicheren Marktsituation von grosser Bedeutung sein können:
- Erhöhte Flexibilität: Unternehmen können schneller auf Veränderungen des Marktumfelds oder betriebliche Anforderungen reagieren, ohne auf einen Beschluss der Generalversammlung warten zu müssen. Dies ist besonders in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit oder bei der Umsetzung von Expansionsstrategien hilfreich.
- Vereinfachte Kapitalanpassungen: Anstatt wiederholt eine Generalversammlung einberufen zu müssen, kann der Verwaltungsrat eigenständig und innerhalb des vorgegebenen Rahmens Kapitalmassnahmen durchführen. Das spart Zeit und Kosten.
- Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit: Unternehmen, die das Kapitalband nutzen, können schneller auf neue Chancen reagieren, indem sie zügiger Kapital aufnehmen oder bestehendes Kapital reduzieren. Dies kann besonders im Wettbewerbsvorteil gegenüber langsamer agierenden Konkurrenten liegen.
Herausforderungen und Risiken
Obwohl das Kapitalband viele Vorteile bietet, sind auch einige Herausforderungen und potenzielle Risiken zu beachten:
- Vertrauensverlust der Aktionäre: Da das Kapitalband dem Verwaltungsrat mehr Macht über die Kapitalstruktur einräumt, besteht das Risiko, dass Aktionäre sich weniger in den Entscheidungsprozess eingebunden fühlen. Transparenz und klare Kommunikation sind entscheidend, um das Vertrauen der Aktionäre zu erhalten.
- Möglichkeit einer Kapitalverwässerung: Wenn der Verwaltungsrat das Kapitalband für Kapitalerhöhungen nutzt, kann dies zu einer Verwässerung der Anteile bestehender Aktionäre führen. Unternehmen sollten daher sicherstellen, dass die Interessen der Aktionäre gewahrt bleiben und diese über die geplanten Massnahmen informiert werden.
- Prüfung durch die Revisionsstelle: Jede Kapitalveränderung innerhalb des Kapitalbands muss durch eine Revisionsstelle geprüft werden, was zusätzlichen administrativen Aufwand bedeuten kann.
Fazit
Das Kapitalband stellt eine der bedeutendsten Neuerungen im revidierten Schweizer Aktienrecht dar und bietet Unternehmen einen erheblichen Handlungsspielraum bei der Verwaltung ihrer Kapitalstruktur. Es ermöglicht eine flexible Anpassung des Kapitals innerhalb eines festgelegten Rahmens und bietet somit Vorteile in Bezug auf Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit. Unternehmen sollten jedoch sorgfältig abwägen, wann und wie sie das Kapitalband einsetzen, um Risiken wie Kapitalverwässerung und mögliche Aktionärskonflikte zu minimieren.
Da die Nutzung des Kapitalbands sowohl rechtliche als auch finanzielle Auswirkungen hat, kann es entscheidend sein, sich von einem Experten beraten zu lassen, um die bestmöglichen Entscheidungen zu treffen und sicherzustellen, dass alle gesetzlichen Anforderungen eingehalten werden.