Aktionärbindungsvertrag: Sinn und Logik bei KMUs

Ein Aktionärbindungsvertrag (auch Aktionärsvereinbarung genannt) ist ein wesentliches Instrument zur Regelung der Beziehungen zwischen Aktionären, insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Während in grossen, börsennotierten Unternehmen viele Regelungen durch Gesetze und Börsenvorschriften klar festgelegt sind, ist es bei KMUs oft notwendig, individuelle Vereinbarungen zwischen den Aktionären zu treffen. Ein Aktionärbindungsvertrag sorgt für Klarheit und verhindert Konflikte, die das Unternehmen gefährden könnten. In diesem Artikel beleuchten wir den Sinn und die Logik eines Aktionärbindungsvertrags und warum er für KMUs von entscheidender Bedeutung ist. 

1. Was ist ein Aktionärbindungsvertrag? 

Ein Aktionärbindungsvertrag ist ein privatrechtlicher Vertrag zwischen den Aktionären eines Unternehmens, der über die Regelungen der Statuten hinausgehende Bestimmungen trifft. Während die Statuten eines Unternehmens allgemeine und gesetzliche Regelungen enthalten, regelt der Aktionärbindungsvertrag vor allem die individuellen Rechte und Pflichten der Aktionäre untereinander. Diese Vereinbarungen sind besonders bei KMUs wichtig, da die Aktionärsstruktur in kleineren Unternehmen oft eng und familiär ist, was spezifische Regelungen erfordert. 

Der Aktionärbindungsvertrag ergänzt die Statuten und das Aktienrecht, und er wird in der Regel nicht öffentlich im Handelsregister eingetragen, wodurch die Privatsphäre der Aktionäre gewahrt bleibt. 

2. Warum ist ein Aktionärbindungsvertrag für KMUs wichtig? 

In KMUs sind die Aktionärsstrukturen oft überschaubar. Die Aktionäre können gleichzeitig Geschäftsführer, Familienmitglieder oder Investoren sein. Diese enge Verflechtung bringt besondere Herausforderungen mit sich. Ein Aktionärbindungsvertrag schafft klare Rahmenbedingungen und verhindert Streitigkeiten, die den Betrieb gefährden könnten. 

Hier sind die wichtigsten Gründe, warum ein Aktionärbindungsvertrag in KMUs sinnvoll ist: 

  • Schutz vor Konflikten: Der Vertrag regelt den Umgang mit potenziellen Konfliktsituationen zwischen den Aktionären, wie etwa bei Meinungsverschiedenheiten über die Geschäftsführung oder Kapitalmassnahmen. 
  • Stabile Unternehmensführung: Aktionärbindungsverträge können festlegen, wie Entscheidungen getroffen werden, um die Unternehmensführung zu stabilisieren und handlungsfähig zu halten, insbesondere in Krisenzeiten. 
  • Nachfolgeplanung: Viele KMUs stehen früher oder später vor der Herausforderung der Unternehmensnachfolge. Ein Aktionärbindungsvertrag kann klare Regelungen für den Verkauf von Aktienanteilen und die Nachfolge innerhalb der Aktionärsstruktur treffen. 

3. Welche Inhalte sollte ein Aktionärbindungsvertrag haben? 

Ein Aktionärbindungsvertrag kann je nach den individuellen Bedürfnissen des Unternehmens verschiedene Regelungen enthalten. Typische Inhalte eines solchen Vertrags sind: 

3.1 Stimmrechte und Entscheidungsfindung 

In KMUs kann es sinnvoll sein, bestimmte Stimmrechte und Entscheidungsbefugnisse im Aktionärbindungsvertrag festzulegen, um sicherzustellen, dass zentrale Entscheidungen nicht blockiert werden. Hier können z. B. Mehrheiten für wichtige Beschlüsse (wie Kapitalerhöhungen, Fusionen oder die Geschäftsführung) vereinbart werden. 

3.2 Übertragbarkeit von Aktien 

Eine der grössten Herausforderungen in KMUs ist die Frage, wie mit den Aktienanteilen eines ausscheidenden Aktionärs umgegangen wird. Um die Eigentümerstruktur des Unternehmens zu schützen, kann der Aktionärbindungsvertrag die Veräusserung von Aktien an Dritte einschränken. Häufig enthalten Aktionärsvereinbarungen folgende Klauseln: 

  • Vorkaufsrecht: Aktionäre erhalten ein Vorkaufsrecht, wenn ein anderer Aktionär seine Aktien verkaufen möchte. 
  • Mitverkaufsrecht (Tag-along): Wenn ein Mehrheitsaktionär seine Anteile verkauft, haben die Minderheitsaktionäre das Recht, ihre Anteile zu den gleichen Bedingungen mitzuverkaufen. 
  • Mitverkaufspflicht (Drag-along): Diese Klausel verpflichtet Minderheitsaktionäre, ihre Anteile zu verkaufen, wenn ein Mehrheitsaktionär seine Anteile verkauft, was einem Gesamtverkauf der Gesellschaft dienlich sein kann. 

3.3 Dividendenpolitik 

Ein Aktionärbindungsvertrag kann klare Regelungen zur Ausschüttung von Dividenden treffen. Dies verhindert Konflikte, insbesondere wenn einzelne Aktionäre auf kurzfristige Gewinne aus sind, während andere Aktionäre langfristige Investitionen bevorzugen. Ein klar definiertes Dividendenmodell kann die finanziellen Erwartungen aller Beteiligten berücksichtigen und Konflikte vermeiden. 

3.4 Unternehmensführung und Geschäftsleitung 

In vielen KMUs sind Aktionäre gleichzeitig auch in der Geschäftsführung tätig. Der Aktionärbindungsvertrag kann festlegen, wer die Geschäftsführung übernimmt, welche Befugnisse die Geschäftsführer haben und wie sie überwacht werden. Zusätzlich kann der Vertrag regeln, welche Mitbestimmungsrechte den nicht operativ tätigen Aktionären zustehen. 

3.5 Austritt und Ausschluss von Aktionären 

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Regelung des Austritts eines Aktionärs. Der Aktionärbindungsvertrag kann festlegen, unter welchen Umständen ein Aktionär seine Anteile verkaufen darf oder muss und wie der Kaufpreis der Anteile ermittelt wird. Auch eine Ausschlussklausel kann aufgenommen werden, die es ermöglicht, einen Aktionär aus wichtigem Grund auszuschliessen – etwa bei grobem Fehlverhalten oder einem Interessenskonflikt. 

4. Vorteile eines Aktionärbindungsvertrags für KMUs 

Der Abschluss eines Aktionärbindungsvertrags bietet KMUs zahlreiche Vorteile: 

  • Vermeidung von Streitigkeiten: Durch klare Regelungen wird das Risiko von Streitigkeiten zwischen den Aktionären reduziert, was die Stabilität des Unternehmens fördert. 
  • Langfristige Planungssicherheit: Mit einem Aktionärbindungsvertrag können wichtige Fragen wie Unternehmensnachfolge und Verkauf von Aktien langfristig geregelt werden, was vor allem für die Kontinuität des Unternehmens wichtig ist. 
  • Schutz der Minderheitsaktionäre: Die Vereinbarung von Mitverkaufsrechten (Tag-along) und Mitverkaufspflichten (Drag-along) stellt sicher, dass die Interessen von Minderheitsaktionären gewahrt werden und diese bei einem Verkauf nicht benachteiligt werden. 
  • Attraktivität für Investoren: Ein gut strukturierter Aktionärbindungsvertrag schafft Sicherheit für Investoren, die darauf vertrauen können, dass die Eigentumsverhältnisse und Entscheidungsprozesse klar geregelt sind. 

5. Fazit 

Ein Aktionärbindungsvertrag ist ein unerlässliches Instrument für KMUs, um langfristige Stabilität und klare Regeln im Aktionärskreis zu schaffen. Er bietet den Aktionären Sicherheit, schützt die Eigentümerstruktur und schafft klare Entscheidungs- und Nachfolgeregelungen. Besonders in Situationen, in denen es zu einem Aktionärswechsel oder einem Unternehmensverkauf kommt, sorgt der Vertrag dafür, dass die Interessen aller Beteiligten gewahrt bleiben. Für KMU-Unternehmer ist es daher entscheidend, einen gut durchdachten und rechtlich fundierten Aktionärbindungsvertrag abzuschliessen – am besten mit der Unterstützung eines erfahrenen Rechtsberaters, der sicherstellt, dass alle relevanten Punkte abgedeckt sind.